Google: Ich liebe es!

Wenn es Google nicht gäbe: Man müsste es erfinden! Die Suchmaschinen, die jeden Winkel des Internet durchkämmen, jede Suchanfrage innerhalb von Sekundenbruchteilen beantworten, einfach grandios. Alles, was je ins Netz gestellt wurde ist auffindbar. Noch vor zwanzig Jahren hätte das als Utopie gegolten.  Google macht es möglich, Google ist Klasse!

Das ist, ganz unbefangen und ehrlich, meine Sicht. Wenn ich hier in diesem Blog einen neuen Beitrag schreibe: Schon nach wenigen Stunden hat Google meinen Artikel gefunden und den vollständigen (!)  Text in der Suchmaschine indiziert.  Ein Beispiel: „Flachlandanatolier“. Diese Vokabel  habe mal ich in einer Satire geprägt und  verwendet. Als Suchbegriff eingegeben führt Google automatisch zu meinem Blog. Das leisten weder Yahoo, noch Bing oder wie die anderen Suchmaschinenbetreiber heißen. Deswegen ist Google so erfolgreich. Flachlandanatolier

Erfolg weckt Neider, Misstrauen und Missgunst. Und so prügelt jeder auf  Google ein: Regierungen, Politiker, Medien und Konkurrenten. Google, das ist der Ausbund des Bösen. Späht arglose Internetnutzer aus, treibt Schindluder mit  deren Daten, zahlt keine Steuern. Und missbraucht seine Marktmacht. Hier die Guten, nämlich die um unsere Datensicherheit Besorgten,  dort das abgrundtief Böse, nämlich der milliardenschwere amerikanische Internetkonzern.  Die NSA-Phobie lässt grüßen!

Nehmen wir  doch mal die Motive der Google-Kritiker etwas genauer unter die Lupe:

Google im Spiegel

Google im Spiegel

Google: Herrscher über Leben und Tod?

Google: Herrscher über Leben und Tod?

 

 

 

 

 

 

 

 

Medien: Hier ist die Ursachenforschung noch am einfachsten: Google finanziert sich durch Werbung. Und da Firmen und Institutionen jede für sich  nur einen beschränkten Marketing-Etat haben, nimmt Google den Zeitungen, Illustrierten, Fernsehanstalten und sonstigen Werbeträgern  ganz einfach Marktanteile weg. Denn bekanntlich finanzieren sich unsere Print-Medien größtenteils nicht über Verkaufserlöse an Endkunden, sondern über die Werbung, die der Konsument mit schlucken muss.  Ausnahme: Unser  öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten. Die kassieren zusätzlich zu den Werbeeinnahmen noch satte Gebühren. Wohlgemerkt: Google erfindet selbst keine Inhalte oder Nachrichten. Sondern verweist lediglich auf das, was schon woanders öffentlich zugänglich ins Netz gestellt wurde.

Politik: Da gibt es gleich eine ganze Fülle von Motiven, auf Google einzudreschen. Zum ersten: Zensur.  Bekanntlich verkaufen uns die Politiker gerne für dumm. Google schafft Abhilfe. Denn mit Google werden Informationen und Inhalte vergleichbar. Wenn uns mal wieder eine Absurdität serviert wird: Google findet alles, was dazu im Netz steht. Dabei ist Google unpolitisch, denn Google erfindet nichts Neues. Trotzdem muß sich Google hierzulande der politisch verordneten Zensur beugen: Denn Google darf uns längst nicht alles zeigen, was da so im Internet steht. Macht mal die Probe aufs Exempel: Gebt mal einfach Suchbegriffe wie „Kriegsschuldlüge“ bei Google ein. Spätestens nach der  dritten Seite kommt der Hinweis:

Zensur

http://www.chillingeffects.org/notice.cgi?sID=815  Aha! Da möchten uns unsere besorgten Behörden Informationen vorenthalten, die woanders im Internet verfügbar sind. So etwas nennt man Zensur. Und kein Zensor möchte, daß die Zensur offenkundig wird. Böses Google: Die sind doch so frech und informieren uns darüber, daß wir, die angeblich „mündigen Bürger“,  bestimmte Inhalte nicht lesen sollen. Welche, das bleibt natürlich geheim. Sonst würde die Zensur ja nicht funktionieren.  Schade, nirgendwo ist nachzulesen, was wir nicht lesen dürfen.

Steuern: Google zahlt in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, kaum Steuern. Dieser Vorwurf ist richtig, aber nicht spezifisch für Google. Denn viele andere internationalen Konzerne umgehen hier ebenfalls die Steuerpflicht. Ein exemplarisches  Beispiel, das typisch ist für viele: Die Produktionsgesellschaft ist in Deutschland, die Vertriebsgesellschaft in der Schweiz, der Service ist in Irland beheimatet, die Patente sind auf den Bahamas,  Import und Lagerhaltung erfolgt in den Niederlanden.  Somit ein klassisches Geflecht wechselseitiger Lieferungen und Leistungen in internationalen Unternehmen. Scherzfrage: Wo findet denn wohl nun die Wertschöpfung statt?  Scherzantwort: Garantiert nicht in den Hochsteuerländern. Google hat da keine bessere oder schlechtere Steuermoral als alle anderen.

Google benötigt hochqualifizierte Programmierer und eine gewaltige IT-Infrastruktur. Das gibt es nicht zum Nulltarif. Der Preis, den wir dafür bezahlen, das sind unsere Daten. Denn Google speichert über uns individuelle Profile um uns dann personalisierte Werbung anzubieten. Was ist daran schlecht? Ich persönlich habe damit kein Problem. Als Angehöriger des männlichen Geschlechtes benötige ich z.B. keine Damenbinden. Und als Rentner trage ich auch keine Salbe gegen Akne mehr auf. Deren Werbebotschaften werden mir hingegen bei Zeitschriften und Fernsehsendern ungefragt aufgezwungen. Nicht so bei Google. Das Verfahren ist übrigens transparent, siehe hier:

http://praxistipps.chip.de/personalisierte-google-werbung-deaktivieren-so-gehts_11876

Google ist (noch) kostenlos. Wenn Google Gebühren erheben würde: Ich würde auch freiwillig für diese Suchmaschine zahlen. So wie ich auch Wikipedia gerne  mit meinem Beitrag und Spenden unterstütze. Denn neben Google halte ich dieses Online-Lexikon für die wichtigste Errungenschaft des Internet. Und das ist mir was wert, und dafür engagiere ich mich.

Mein Appell an Politiker und Meinungsmacher: Hände weg von Google! Und hört endlich auf, uns für dumm zu verkaufen!

Euer Bernd

Update am 11.1.2016: Schon am 26.4.2015 übernahm die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung meine Forderung:

Hände weg von Google

In Deutschland gibt es seit geraumer Zeit eine Google-Phobie. Dabei wird die Gefahr missbräuchlicher Marktmacht maßlos übertrieben

VON RAINER HANK

Über vier Jahre nach dem Beginn der Ermittlungen gegen Google hat die Europäische Kommission jüngst einen Beschwerdebrief an den amerikanischen Internetkonzern geschickt. Der wesentliche Vorwurf bezieht sich darauf, dass Google seine Stellung bei der allgemeinen Online-Suche missbrauche, um auch bei Online-Preisvergleichen eine marktbeherrschende Position zu erlangen. Google bevorzuge seinen eigenen Dienst „Google Shopping“ und benachteilige andere Preisvergleichs-portale.

In Europa, insbesondere in Deutschland, herrscht seit geraumer Zeit eine Google-Phobie. Merkwürdigerweise ist das Internet, das lange als cool und jung galt, in den letzten Jahren in Verruf geraten. Ein neuer, selbstverständlich böser Kapitalismus habe sich gebildet, heißt es: der Informationskapitalismus. Und vor dem müsse man sich fürchten.

Google, ein böser Monopolist? In aller Kürze die Fakten: Google hat als Suchmaschine hierzulande einen Marktanteil von gut 90 Prozent. Seit 1998 ist ein Gigant entstanden, der über 50 000 Leute beschäftigt, 2014 einen Umsatz von 66 Milliarden Dollar erwirtschaftete und eine Marktkapitalisierung von 330 Milliarden Dollar an die Börse bringt. Erfindung und Aufstieg von Google sind eine grandiose Leistung des unternehmerischen Kapitalismus.

Den Nutzen haben die Kunden: Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat jüngst in der F.A.Z. über eine kognitive Dissonanz bei den Bürgern berichtet. Zwar sorgen sich viele über den Datenschutz im Netz. Das hindert sie aber nicht, in ständig steigendem Ausmaß die Dienste des Internets (Online-Banking, Online-Shopping) in Anspruch zu nehmen und sich viele Male täglich auf Google zu orientieren.

Der Erfolg von Google stützt sich gänzlich auf eigene kreative Kräfte. Es gab kein staatliches Anschub- oder Subventionsprogramm. Die Marktwirtschaft hat funktioniert, wie sie funktionieren soll. Aus grandiosen Ideen werden marktfähige Produkte. Schon hat man Mühe, sich vorzustellen, wie wir eigentlich in einer Welt ohne Google (es ist, gefühlt, Jahrzehnte her) gelebt haben. Und die Menschheit hat einen Nutzen davon. Im Fall von Google, Amazon & Co. lässt sich sogar sagen, jedermann ziehe einen Nutzen daraus, denn um von Google zu profitieren, braucht man lediglich einen Internetanschluss. Der Zugang zu den Erfindungen des Internetzeitalters ist ziemlich egalitär.

Wenig bleibe am Ende von den Fundamentalvorwürfen gegen Google übrig, meint mit guten Gründen der Wettbewerbsökonom Justus Haucap. Anders als bei der ganz allgemeinen Suche hat Google bei den verdächtigen Shopping-Portalen keinen Marktanteil von 90 Prozent. Amazon und Ebay sind bedeutende Anbieter auf diesem Markt ebenso wie etwa „idealo.de“ als Preisvergleichsseite in Deutschland. Die Frage, so Haucap, sei daher, wie viele Online-Waschmaschinenkäufe, Online-Turnschuhkäufe und Online-Lehrbuchkäufe wirklich durch Google kanalisiert werden. Dies dürften weit weniger als 90 Prozent sein.

Zudem dürfte es schwierig werden, zu definieren, wie man sich eine neutrale Listung der Preisvergleichsseiten vorstellen soll. „Wird Google verpflichtet, demnächst wirklich jeden noch so schlechten Preisvergleichsdienst anzuzeigen, und zwar in abwechselnder Reihenfolge, wie es der Kommission anscheinend vorschwebt, besteht die Gefahr, dass die Verbraucher regelmäßig sehr schlechte Preisvergleichsdienste zu sehen bekommen“, sagt Haucap.

Das heißt freilich nicht, dass der Verbraucher bei Google immer die besten und billigsten Anbieter findet. Ein Test der F.A.S. am vergangenen Sonntag hat aufgedeckt, dass sich Suchkosten am Ende auszahlen. Wenn die Verbraucher sich blind auf Google verlassen, ist das nicht das Problem von Google, sondern ein Fall von Faulheit oder Unmündigkeit. Aber es ist gerade kein Fall von Missbrauch einer Marktmacht: Die Menschen haben ja Alternativen. Sie müssen sie nur nutzen.

Es kann keine Rede davon sein, dass Google so unangreifbar ist, wie viele behaupten. Wie das gehen kann, zeigt ein Blick zurück auf den „Fall Microsoft“. Heute längst vergessen, gab es gegen Microsoft um die Jahrtausendwende ein ähnlich großes Geschrei wie heute gegen Google. Ein Gigant des Internetzeitalters sei entstanden, dem niemand mehr Paroli bieten könne, hieß es. Heute haben (wahrscheinlich dieselben) Leute mit Microsoft Mitleid und beschwören die Verbraucher, die Suchmaschine „Bing“ von Bill Gates zu nutzen, damit Google seinen Alleinvertretungsanspruch verliert.

So schnell kann es gehen. Die Wettbewerbsbehörden waren 1999 tatsächlich der Meinung, es gebe „keine Produkte, weder in der heutigen noch in der künftigen Welt“, die Microsoft substituieren könnten. Das war damals das Argument für das Vorliegen eines gefährlichen Monopols. Niemand hatte den raschen und unaufhaltsamen Aufstieg der Mobilgeräte vorhergesehen, die Microsoft sein Monopol brutaler bestritten, als alle Wettbewerbsregulierer dies könnten.

Deutet sich Ähnliches jetzt auch an? Zwar hat Google in der vergangenen Woche abermals einen Milliardengewinn für das erste Quartal 2015 gemeldet. Doch bei der Online-Werbung droht harte Konkurrenz: Gerade auf den coolen mobilen Geräten ist inzwischen mit Facebook ein großer Rivale erwachsen mit viel Werbung.

Warum also sollte man Google zerschlagen? Jeglicher staatliche Eingriff wäre ein Angriff auf das private Eigentum, Garant der Freiheit des Unternehmens und Ermöglichung der Freiheit für den Verbraucher. Den größten Schaden hätten die Kunden. Googles Monopolmacht ist, wie wir gesehen haben, von Wettbewerbern bestreitbar. In der schnellen Welt des Internets werden bald Nachahmer auf dem Markt sein. Früher musste man befürchten, der Markt brauche zur Entmachtung so lange, bis am Ende alle, die etwas davon hätten, tot sind. Heute erleben wir den Wandel zeitnah mit.

Wenn Googles Konkurrenten jammern, dann ist dieser Protest leicht durchschaubar: Sie kommen unter Wettbewerbsdruck und suchen ihr partikuläres Interesse als Dienst am Allgemeinwohl zu kaschieren. Die Marktwirtschaft indessen ist für den Kunden da, sie ist keine Bestandsgarantie einzelner Unternehmen.

Wenn Wettbewerber sich im Gang des technologischen Fortschritts bedroht fühlen, muss man das hinnehmen. Mehr noch: Allein das ständige Risiko, vom Markt wieder zu verschwinden, rechtfertigt hohe Gewinne und Einkommensungleichheiten. Also Hände weg von Google. Politik hat die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Entstehung neuer Firmen nicht behindert wird. Mehr nicht.

Alle Rechte vorbehalten © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main

FAS vom 26.4.2015

FAS vom 26.4.2015

googleblog1


2 Kommentare on “Google: Ich liebe es!”

  1. Anonymous sagt:

    Nein

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